„Der Teufel mit den drei goldenen Haaren“ von Ellen Schulz

Es gibt zwar schon über 20 Dramatisierungen des Grimmschen Märchens, aber die von Ellen Schulz ist etwas ganz besonderes. Sie zieht das Märchen in die Gegenwart.

„Wieder so ein merkwürdiges Märchen, bei dem man die Titelfigur, würde es um eine Preisverleihung in Hollywood gehen, allenfalls für die beste Nebenrolle nominieren könnte. Der eigentliche Gegenspieler des Guten in diesem Stück ist einer, der noch viel teuflischer ist als der Teufel selbst, nämlich: der König.
Aber der Reihe nach:
Ein Kind wird geboren – ein ganz besonderes Kind, denn es kommt mit einer Glückshaut zu Welt. Das heißt, die Eihaut, die das Kind umhüllt und die normalerweise während des Geburtsvorganges abgestreift wird, liegt ihm wie ein Häubchen auf dem Kopf. Nach dem Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens ist dieser außergewöhnliche Vorgang ein Hinweis darauf, dass der neue Erdenbürger nicht nur mit einer besonderen Lebenskraft gesegnet ist, sondern auch mit einem besonders günstigen Schicksal. Dieses Kind wird Glück haben, reich und berühmt werden.
Aber es besteht auch eine unausgesprochene Verpflichtung diese besondere Begabung nicht nur zum eigenen Vorteil zu nutzen sondern sie gleichwohl in den Dienst der Allgemeinheit zu stellen. Später wird auch Felix, das Glückskind im „Teufel mit den 3 goldenen Haaren“, mit solchen Aufgaben konfrontiert sein. Im Vertrauen auf das eigene Schicksal ist er bereit dem Fährmann und den Menschen in Quellbach und Apfeldorf zu helfen.
Zunächst aber hat das Kind einfach nur Glück. Gleich nachdem der König von der Geburt und der Prophezeiung, es werde einmal seine Tochter zur Frau haben erfahren hat versucht er das Neugeborene zu töten. Darin gleicht er der Figur des Herodes aus dem Alten Testament, dem geweissagt wurde, mit der Geburt des Messias stehe das Ende seiner Herrschaft bevor. Wie jener will unserer König im Märchen keine Wandlung, keine Veränderung zulassen. Er klammert sich an seine Macht und seinen materiellen Besitz. Seine Mittel sind die Unterdrückung, der Zwang und die Kontrolle – und wie wir sehen, schreckt er auch vor Mord nicht zurück. Zwei seiner Anschläge überlebt das Kind glücklich und reift „in allen Tugenden“ zum jungen Mann heran. Als solcher begegnet er dem König ein weiteres Mal – und nun fällt diesem nichts Besseres mehr ein, als ihn buchstäblich zum Teufel zu schicken. Wieder setzt er Felix einer vermeintlich tödlichen Gefahr aus, um etwas zu bekommen, das ihn am Ende „um kein Haar“ zufriedener machen wird.
Verena Kast, Psychoanalytikerin aus Zürich, sagt dazu in ihrem Buch Vom Vertrauen in das eigene Schicksal:„Gier ist oft der verzweifelte Versuch, doch noch etwas vom Leben zu haben, zu ergreifen, wenn man das Lebendige des Lebens, die Fülle, sich versagt“.

Am Ende erhält er seine gerechte Strafe und muss als Fährmann – Sisyphos lässt grüssen – den Rest seines Lebens auf einem Kahn verbringen. Da wird er viel Zeit zum Nachdenken haben.

Felix dagegen vertraut auf sein Glück, sein gütiges Schicksal – darauf, dass das Leben gelingen wird. Am Ende wird er selbst König sein – einer, unter dessen Herrschaft man auf wirklich blühende Landschaften hoffen darf.

Vielleicht sind wir ja alle Glückskinder und merken es bloß nicht, oder wollen es nicht merken, weil wir nicht den Weg eines Glückskindes gehen wollen? So formuliert Felix in der Szene mit dem Fährmann das Motto:

NICHT WEIL ES SCHWER IST WAGST DU ES NICHT,
SONDERN WEIL DU ES NICHT WAGST, ERSCHEINT ES DIR SCHWER“